Graue Masse en masse - Zu Gast bei den Tieren im Etoscha-Nationalpark 06.10.15


Weiter ging es nach Norden zu den Epupa-Falls. Als wir über eine Bergkuppe fuhren, blitzte in der kargen Landschaften plötzlich das grüne Kuene-Flusstal mit Palmen auf. Für unsere Augen waren der grüne Fluss und die Bäume eine Augenweide, die wir uns zwei Tage gönnten, bevor es zum Etoscha-Nationalpark südwärts ging.

Auf der Strecke durften wir erneut an einem Veterinär-Checkpoint anhalten. Wegen der Maul- und Klauenseuche darf kein Fleisch vom Norden eingeführt werden. Außerdem werden die Reifen mit Desinfektionsmittel abgesprüht und wir müssen mit unseren Schuhen über eine Matte mit einer unbekannten Flüssigkeit laufen. Insgesamt eine sehr zweifelhafte Angelegenheit; aber immerhin schafft es eine Reihe von Arbeitsplätzen in Namibia.


Großfamilientreffen am Wasserloch

Wie schon bei unseren vorherigen Namibiaurlauben ließen wir uns im Dolomite Camp nieder. Dieses liegt auf einem Hügel im westlichen Teil des Etoscha-Parks und bietet einen phantastischen Weitblick (mehr als 30 km) über die Savanne. Unsere Hütte lag am äußersten Ende und bot den Blick auf das Wasserloch in 100 m Entfernung von oberhalb. Spätabends sahen wir im Halbmondlicht Elefanten und drei Nashörner.

Den zweiten Tag verbrachten wir auf unserer dekadenten Terrasse mit chill-area. Eine Elefantenherde kam zum Wasserloch, in der Ferne sahen wir bereits die nächste Herde, die zwei Stunden später eintraf. Es folgten noch zwei weitere Herden mit vielen Jungen plus einzelnen Bullen, so dass schließlich über 50 Elefanten gleichzeitig tranken, aßen, sich suhlten und reinigten. Stundenlang schauten wir beseelt dem Treiben zu.


Afrikanischer Grünkohl?

In den nächsten zwei Tagen durchquerten wir den Etoscha-Park über Okaukuejo bis zum östlichen Ausgang. Zwischendrin ist die Landschaft vom Staub hellgrau beschichtet. Die kleinen Büschel erinnern uns an Rauhreif überzogenen Grünkohl. Viele Antilopen, Giraffen und Elefanten begegneten uns. Zwei Löwen und drei Geparde sahen wir. Auch entdeckten wir eine Hyäne, die parallel zu unserem Pfad rannte. Wir folgten ihr. Sie hatte einen Oryx-Kadaver gewittert. Beeindruckend mit welcher Kraft sie sich über ihr Frühstück hermachte, während sie gleichzeitig um sich schaute, ob Konkurrenz nahte.

Abends trafen wir auf drei Geister-Elefanten. Sie hatten sich im kalkhaltigem Schlamm offensichtlich für den Abend ausgehfein gemacht.


Long an non-winding road

Am Folgetag ging es 600 km ostwärts. Wir fuhren den monotonen Trans-Caprivi-Highway, der kurz vor den Viktoriafällen endet, entlang bis zum Okavangofluss. Eine endlos gerade Straße mit Grasseitenstreifen durch eine flache Landschaft.

Moorburg mit seinem Moorburger Elbdeich (by the way: Grüße an Christine und Jens) war einst das längste Dorf Deutschlands. Doch im Vergleich zum Trans-Caprivi-Highway bei Rundu ist Moorburg nothing. Über 30 km reiht sich eine Hütte neben der anderen. Alle 10 Km gibt es eine Schule. Am Straßenrand wird Obst, Gemüse, Töpfer- und Holzschnitzware angeboten. Zwischendrin wie so häufig auf unserer Tour Ziegen- und Kuhherden an oder auf der Straße. Verkehrstechnisch sind die Ziegen bestens erzogen. Sie verlassen rechtzeitig - gelegentlich zwar sehr kurzfristig - die Straße, während Kühe kein Bewusstsein für die Straßenverkehrsordnung zeigen.

Dank meines Dokofreundes Rüdiger war es dennoch eine sehr kurzweilige Fahrt. Rüdiger hatte ein Kriminalhörspiel selbst geschrieben und mit Unterstützung von Emma, Klaus, Janin, Frank und weiteren Personen in seinem Tonstudio aufgenommen und uns als Reisebegleitung mitgegeben. Also hörten wir „Das Geheimnis von Jota“ im Toyota. Eine spannende Geschichte, die wir begeistert hörten und dann noch mit vertrauten Stimmen.

Danke Rüdiger & Co.!

Der Caprivi-Streifen ist 450 km lang und 50 km breit. Wie ein langer Finger ragt er bis zum Sambesi. 1890 regelten Deutschland und England ihre kolonialen Verhältnisse. Deutschland erhielt Helgoland, im Gegenzug bekam England Witu und Sansibar. Benannt ist der Zipfel nach dem Reichskanzler Leo von Caprivi, der die Verhandlungen leitete. Sein Ziel war durch einen Korridor eine Verbindung von Deutsch-Südwestafrika (Namibia) und Deutsch-Ostafrika (Tansania) herzustellen.


Neue Perspektive: Mit 54 Jahren in Pension?!?

Zwei Tage zelteten wir auf der Campsite der Ndhuvu-Lodge am Okavangofluss auf namibianischer Seite. Am ersten Abend begrüßte uns der rötliche Vollmond über dem Okavango. Wir verbrachten die Tage gemütlich auf der Holzterrasse der Lodge. Gelegentlich ragten die Köpfe von Flusspferden aus dem Wasser. Ihr Grunzen hatten wir schon in der Nacht vernommen. Am Spätnachmittag unternahmen wir mit Michael, der in dem benachbarten Dorf groß geworden ist, eine zweistündige Bootstour. Wir sahen viele Vögel u.a. Reiher, Bienenfresser, Eisvogel und Adler, Flusspferde, ein 60 cm kleines Krokodil, Leguan, Wasserböcke, Warzenschweine und Büffel. Grandios war als kurz vor Sonnenuntergang 30 Elefanten einen Strand zum Wasser hinabeilten. Dazu ein Bierchen als Sundowner. Das ist Afrika decadente.

Abends essen wir mit den Inhabern und sechs weiteren Gästen an einer großen Tafel. Neben uns sitzt ein sehr nettes, reisewütiges Paar aus der Nähe von Liverpool. Wir tauschen uns über Reiseerlebnisse aus. Als wir erzählen, dass wir Patagonien aus unserer Planung gestrichen haben, meint er, „you must go there“. Ihre Kinder leben in Detroit, China und Australien. Er wurde mit 54 Jahren pensioniert und seit 18 Jahren reisen sie häufig um die Welt, u.a. auch um die Enkel zu besuchen.


Dithmarschen? - hier sieht es aus wie an der Treene

Dann ging es zweihundert weitere langweilige Kilometer ´gen Osten bis wir an den Kwando kamen. Über eine 14 km lange sandige, ruppelige Piste hüpften wir an Büffeln und durch Elefantenherden hindurch zum Nambwa campground. Der Blick von unserer Campsite erinnert mich an unsere erste Kajaktour vor Ewigkeiten mit Petra und Mathias. Flache Landschaft, Wiesen, Schilfgras und vereinzelte Baumgruppen in der Ferne wie am Unterlauf der Treene. Lediglich die grauen Rüsselriesen am Horizont an Stelle der schwarz-weiß gefleckten Holsteiner Kühe deuten auf einen anderen Breitengrad hin.

So verbringen wir den Tag träge wie an einem heißen norddeutschen Hochsommertag im Baumschatten. Statt Eiche aber ein sausage tree (zu deutsch Leberwurstbaum), dessen bis zu 7 Kilo schweren Früchte (daher der Name) über uns hängen (Helmpficht?!).

Schon beim Frühstück besuchen uns viele Vögel. Am Baum klebt ein Schwalbennest. Die Eltern fliegen permanent hinein und heraus, um ihren Nachwuchs zu versorgen.


to be or not to be welcome - Our Classification of campgrounds

Ein paar Worte zu den Campgrounds in Nambia. Nicht nur die Landschaften sind sehr unterschiedlich, sondern auch die Campingplätze.

Da der einfachste Platz oft mehr begeistert als der 5-Sterne-Luxusplatz, vergeben wir keine Sterne.

 

 

Klasse „nature pure“ - Wildcampen. No comfort, but lonelyness.

 

Klasse „nice stay“ - schön gelegener Platz mit Grillplatz, WC und Dusche

 

Klasse „familiar stay“ - meist familiengeführter Platz, der zu einer einfachen Lodge gehört. Möglichkeit zum Essen, netter Kontakt zu Inhabern.

 

Klasse „welcome to our Lodge“ - Platz angeschlossen an eine edle und teuere Lodge mit Möglichkeit zu essen oder Bar zu besuchen.

 

Klasse „secondclass pure“ - Platz angeschlossen an eine edle und teuere Lodge. Campern dürfen Restaurant und Bar nicht besuchen.

 

Wir lieben es in unserem Dachzelt zu schlafen. Die Zimmer in den Lodge sind nachts bedeutend wärmer als unser gut gelüftetes Dachzelt. Dennoch gönnen wir uns gelegentlich den Luxus uns bekochen zu lassen und ein frisch gezapftes Bier in edler, staubreduzierter Zone mit african Ambiente zu genießen, bevor wir in unseren Schlafsack schlüpfen.

In der Mowani und Nambwa Lodge wird uns das verwehrt. Sicherlich, während wir für einen Campingplatz zwischen 6,- und 12,- Euro pro Person zahlen, legen die Gäste in 200 Meter Entfernung oft um die 150,- Euro pro Person inkl. Halbpension hin. Andererseits gibt es Edel-Lodges wie das Onguma Camp, die sich die Einnahmen durch unseren Restaurantbesuch nicht entgehen ließen.

 


Die Entdeckung der Langsamkeit oder Sag mir wo die Löwen sind, wo sind sie geblieben...

Am östlichen Ufer des Kwando besuchten wir den Mudumu Nationalpark, ein schöner, noch junger, kaum besuchter Park. Lediglich nur ein Auto sahen wir in 4 Stunden. Wir fuhren durch eine wunderschöne Savanne mit Bäumen und Büschen sowie durch Wälder. Zwischendrin trafen wir eine Elefantenherde mit mehr als 100 Tieren an einem Wasserloch.

Vom Mavunje Camp am Kwando starteten wir am Folgetag mit Dan und seinem Angestellten William für 24 Stunden auf dem Kwando und näherten uns der Tierwelt von der Wasserseite. Dan ist field guide und bietet seit 8 Jahren als einziger diese Tour auf dem Kwando an. Der Fluss führt leider so wenig Wasser wie seit 25 Jahren nicht mehr, so dass viele Kanäle in der Reet- und Paphyruslandschaft kaum oder kein Wasser haben. Daher mussten wir erst einmal 1,5 km durch diese Landschaft zum Boot gehen. In kurzen Hosen schleppten wir Kühlbox und Kochgeschirr; dabei mussten wir fünf Mal kleine Wasserläufe in Kneipp-Manier durchwaten.

Wir passierten mit dem Boot behutsam und respektvoll Flusspferdherden von bis zu 25 Tieren in 10 Metern Entfernung und beobachteten die vielfältige Vogelwelt. Teils sprang Dan ins Wasser und zog das Boot durch enge Kanäle. Kurz vor Sonnenuntergang trafen wir eine Gruppe von Elefanten, die sich sehr eng beieinander bewegten. Das stimmte Dan verdächtig. In der Ferne fuhr ein Guide mit seinem Landcruiser voll Touristen langsam durch die Savanne. Dan und er verständigten sich mit Handzeichen

und Fernglas. Das Signal lautete Löwen in der Nähe. Zielgerichtet steuert Dan das Land an und wir folgten der Elefantenherde in 200 Meter Entfernung. Die Elefanten ging ins Schilf, wohl um den Löwen aus dem Weg zu gehen. Wir trafen auf Hyänen- und Löwenspuren. Wir suchten nacheinander zwei Hügel auf und suchten von dort die Umgebung nach Löwen ab. Nichts zu sehen. Ein Elefantenbaby war umgedreht und in 80 m Entfernung von uns wieder an Land gestapft. Da wurden nicht nur die Elefanten unruhig sondern auch Dan. Schnell mussten wir uns zum Boot zurückziehen.

Am Tag drauf trafen wir den Guide vom Vortag auf dem Fluss, er erzählte, dass es 8 Löwinnen waren. Wir waren ca. 400 m von ihnen entfernt gewesen, aber sie hatten sich gut unter einem Baum versteckt.


Die Nacht verbrachten wir ganz a´la Out of Africa auf einer Insel mit Essen, Lagerfeuer und Hyänengebrüll unterm Sternenhimmel.

Beim Aufstehen sahen wir eine Herde von mehr als 200 Büffeln am Ufer. Also ging es um 6.30 auf den Fluss. Unsere drei Augenpaare starrten die Herde an und unzählige Augenpaare uns. Bisher hatten wir im Leben so früh morgens nicht derartig viel Aufmerksamkeit erlangt. Uns überraschte die Individualität der Büffel, jeder hatte ein anderes Gesichts. Echte Charakterköpfe. Besonders angetan hatte uns es einer, der die ganze Zeit einen Grashalm aus dem Mundwinkel runterhängen ließ. Mich erinnerte er an einen ehemaligen Kollegen und seine allgegenwärtigen Zahnstocher im Mundwinkel.

Drei Stunden später waren wir auf der Insel zurück. William hatte Frühstück vorbereitet und so mampften wir in der Savanne unsere Toast mit Rührei, bevor wir die Sachen aufs Boot schleppten.

Ein normaler gamedrive (Tierbeobachtungsfahrt im Geländewagen mit Guide) dauert normalerweise 2-3 Stunden. Wir waren 24 Stunden unterwegs. Wir ließen uns treiben und weilten an einigen Stellen längere Zeit und beobachteten das Treiben und die Umgebung.


Selbstbestimmung und Müllentsorgung

Insbesondere im Norden von Namibia gehört das Land allen. Es ist aufgeteilt in sogenannte Conservancy, einer Art Dorfgemeinschaft. Jeder wird dort von Geburt Mitglied und darf mitentscheiden. Jede Familie hat Anspruch auf eine kleine Fläche, auf der sie ihre Hütte stellen kann und Ackerbau betreiben darf. Wenn ein Investor eine Lodge bauen will, kann er das Land von der Conservancy pachten. Der Staat fördert in abgelegenen Gebieten die Conservancy. Dieses sind z. B. Campingplätze, die komplett hingestellt werden und die die Conservancy betreiben darf. Die Einnahmen werden am Ende des Jahres gleichmäßig unter allen Mitgliedern verteilt. Problematisch ist allerdings, dass alle das Geld benötigen und von daher keiner ein Interesse, dass Geld für Instandhaltung auszugeben. Von daher verfallen die Campingplätze und schließlich versiegt die Einnahmequelle.

Mit Dan sprachen wir über dieses System und er meinte, dass sei wie mit der Entwicklungshilfe: Wenn du alles kostenlos zur Verfügung stelltst, nehmen die Menschen es gerne, übernehmen aber selbst keine Verantwortung und Aktivität.

Schwer nachzuvollziehen ist für ihn, dass er seinen Angestellten vermittelt hat, dass Müll generell eingesammelt wird. Privat schmeißen sie ihren Abfall allerdingsüberall hin.

Wir „Westler“ sind im Gegensatz zur hiesigen Bevölkerung mit der Mülltonne und dem Recycling groß gezogen worden. Fremd ist uns, dass vielen hier es ist nicht wichtig ist, in einer müllfreien Umgebung zu leben. Sicherlich ist es auch schwierig für eine saubere Umgebung zu sorgen, wenn es keine Müllabfuhr und Mülltonnen gibt und der Wind einem die Plastiktüten um die Ohren weht.


Goodbye Namibia – vorerst

Die letzte Nacht vor dem Grenzübertritt nach Botswana zelten wir direkt am Steilufer des Sambesi. Wir beobachteten wir eine riesige Kolonie von Karminspinten - wunderschöne Vögeln.

Dann geht es an die botswanische Grenze. Grenzübertritt in Afrika ist auch ein Erlebnis, aber das erzählen wir ein anderes Mal.